Über das Marionetten-Theater

Die Inszenierung >>Null<< erprobt an der Schaubühne Berlin die Abwesenheit von Sinn und Bedeutung auf der Bühne.

>>Warum ist überhaupt etwas und nicht vielmehr nichts<<, fragt der Philosoph Gottfried Wilhelm Leibniz und ist auf der Suche nach dem rationalen Grund von Etwas im Gegenüber von Nicht-Seienden. Diese elementare Frage stellen sich auch der Regisseur Herbert Fritsch und sein Ensemble (Ingo Günther, Jule Böwe, Bastian Reiber, Bernardo Arias Porras, Axel Wandtke, Florian Anderer, Carol Schuler, Ruth Rosenfeld, Werner Eng) in der theatralen Produktion >>Null<<. Wobei sie hier versuchen das Etwas mit Hilfe von Nicht-Sein zu ergründen, um der Null, dem sogenannten Nicht-Wert, auf die Spur zu kommen. Dafür ist die Bühne kalt, karg und maschinell eingerichtet. Ihre Aufmachung erinnert an den Bauhaus-Stil aus der klassischen Moderne, in der die Bauhaus-Künstler eine neue Formsprache in Kombination mit dem Herstellungsprozess entwickelten. Beispielsweise ziert die Bühne ein leuchtend-weißes Quadrat auf der linken Bühnenseite, rote und gelbe Kreise oder Quadrate liegen auf dem Bühnenboden und geometrisch angeordnete Stoffstreifen verdecken den rechten Bühnenaufgang.

[caption id="attachment_1427" align="alignright" width="617"] >>Null<<, Ensemble, Foto: Thomas Aurin.[/caption]

An diesem Abend befinden sich auch keine Schauspieler auf der Bühne, sondern eher Spieler, die versuchen Kunst und Technik (Handwerk) in Einklang zu bringen.  Wie Marionetten hängen die Spieler an Karabinerhaken, schwingen sich hin und her, lassen sich auf den Rücken fallen oder kippen mit dem Gesicht nach vorne. Später erkunden sie eine Pole-Dance-Stange und werden zu Artisten. Die industrielle Hand-Gottes, die hin und wieder ihre Finger bewegt, wird von den Darstellern als Schöpfendes entdeckt. Fritsch greift mit dem Motiv der (maschinellen) Bewegung die Bewegung als Urgund für Seiendes auf. Wie auch in den ersten Spielzügen der Produktion >>Null<<, in der das Ensemble versucht auf theoretischer Ebene eine Choreografie zu erlernen, die anschließend im zweiten Teil folgt. Mit >>Wir machen das jetzt einfach mal, würde ich sagen<<, gewinnt das Experimentelle an Bedeutung und das Nachdenken an Etwas schwindet. So ist der Verlauf von >>Null<<, ein reiner Versuch Etwas auf die Bühne zu bringen, das im starken Kontrast zu dem Nichts steht.

Fritschs abstrakte Versuchsanordnung, in der Spieler zu Marionetten, Tänzer und Artisten werden, um über die Nachahmung von Künstlichkeit etwas Natürliches zu produzieren, das unter anderem als Kunst entlarvt werden kann, ist ein interessanter Gedanke. Die sonderbare Herangehensweise das Nichts, die Null als Möglichkeit von theatralen Etwas zu erkunden, ist außergewöhnlich, aber nicht fassbar und erfahrbar. Es zeigt von viel Mut einfach mal so gar nichts auf die Bühne zu bringen, das in irgendeiner Weise an Wert hat. Und dies obwohl Regisseur Fritsch ein starkes Ensemble zur Verfügung hat, welches sein schauspielerisches Handwerk beherrscht. In dieser Hinsicht sympathisiere ich mich mit den Worten einer Zuschauerin, die den Saal vorzeitig mit den Worten: >>Ich kann es einfach nicht mehr ertragen<<, verlassen hat. Manchmal ist es einfach besser, wirklich nichts zu machen als etwas zu erzwingen.

>>NULL<< | Schaubühne Berlin. Weitere Spieltermine: 1.4., 2.4., 28.4. 29.4., 30.4., 1.5., 2.5.2018.

Karten unter: ticket@schaubuehne.de oder 030/89 00 23.

 

]]>

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Durch die weitere Nutzung der Seite stimmst du der Verwendung von Cookies zu. Weitere Informationen

Die Cookie-Einstellungen auf dieser Website sind auf "Cookies zulassen" eingestellt, um das beste Surferlebnis zu ermöglichen. Wenn du diese Website ohne Änderung der Cookie-Einstellungen verwendest oder auf "Akzeptieren" klickst, erklärst du sich damit einverstanden.

Schließen